Gemeinde wird ab 15. Oktober regelmäßig Gottesdienste in Dülmen feiern

Wenn Nezar Haddad einen Gottesdienst besuchen wollte, fuhr er bislang nach Münster. Denn dort feierte die syrische-orthodoxe Kirche, zu der der 43-Jährige gehört, in einem katholischen Gotteshaus ihre „Göttliche Liturgie“, wie die Eucharistiefeier im byzantinischen Ritus heißt. Bald jedoch ist der Weg für den Dülmener deutlich kürzer - weil ab Sonntag, 15. Oktober, seine Gemeinde regelmäßig die Kirche St. Joseph nutzen darf.

Der Kirchenvorstand von St. Viktor habe dafür gestimmt, dass die syrische Gemeinde in der Kirche St. Joseph feiern könne, berichtet Pfarrer Heio Weißhaupt. Durch Vermittlung von Nezar Haddad habe der in Köln lebende zuständige Bischof der syrischen Kirche angefragt, ob für seine Gemeindemitglieder, die im Raum Münster, Essen, Dortmund leben, in Dülmen ein Kirchenraum gastweise zur Verfügung gestellt werden könne, erläutert die Pfarrei in einer Mitteilung. Die Nähe zur A 43 und der günstige Bahnanschluss sprachen für diesen Ort. Und: „Es passt zu St. Joseph“, findet Weißhaupt. Hier sei von Anfang an der Ökumene Gastfreundschaft gewährt worden. Zudem findet seit Längerem in der Kirche keine reguläre Sonntagsmesse mehr statt.

Dazu kommt: Allein in Dülmen leben rund 55 Mitglieder der syrisch-orthodoxen Kirche, berichte Haddad. Ein Großteil davon macht seine eigene Familie aus, sechs seiner acht Geschwister leben hier. „Ich rechne mit mindestens 70 Personen, vermutlich sogar mehr“, sagt Haddad mit Blick auf den ersten Gottesdienst in St. Joseph. In Coesfeld wohnten weitere 30 Gemeindemitglieder, etwa 25 in Appelhülsen. Dazu kommen Familien in Darfeld und Marl.

Der 43-Jährige, der im März 2014 nach Deutschland gekommen ist, war in seiner Heimat Jurist, mittlerweile arbeitet er als Busfahrer. Seit einiger Zeit engagiert er sich in der syrischen Gemeinde in Münster, dessen Vorsitz er zum Jahreswechsel übernehmen wird. Ein Problem sei, dass es viele Gläubige aus dem nördlichen Ruhrgebiet gebe, die bislang eine weite Anreise zur Kirche in Hiltrup hätten, berichtet der Dülmener. Deswegen habe er sich nach einer Alternative umgesehen - und wurde in seinem Heimatort fündig.

Geplant ist, dass die Gottesdienste zunächst jeden Sonntag im Wechsel zwischen Dülmen und Münster stattfinden. Sollte der Zulauf in St. Joseph sehr groß sein, müsste langfristig geguckt werden, ob nicht eine eigene Dülmener Gemeinde gegründet werden soll, erläutert Nezar Haddad. „Das entscheidet aber der Bischof.“ Einen eigenen Geistlichen wird es demnächst wohl ebenfalls in der Region geben: Ein syrischer Priester, der bislang in einer Flüchtlingsunterkunft in Horstmar lebt, suche aktuell eine Wohnung oder Zimmer in Dülmen oder Coesfeld, verrät Haddad.

Er betont, dass jeder zu den Gottesdiensten der syrischen-orthodoxen Kirche eingeladen ist. Die Liturgie beginnt immer um 12.30 Uhr und findet in zwei Sprachen statt, nämlich Arabisch und Deutsch (wobei am Anfang wohl Arabisch überwiegen wird). Auch Pfarrer Weißhaupt will auf jeden Fall zum Auftakt dabei sein. „Ich bin schon sehr gespannt, welchen Zulauf es geben wird.“ Was Weißhaupt betont: Die Vereinbarung mit der syrischen Gemeinde sei erst einmal zeitlich begrenzt - und würde auf keinen Fall den Plänen für ein mögliches Kulturhaus in St. Joseph entgegenstehen. Ob das kommt, soll bis 2025 entschieden werden.

Momentan seien erst einmal Termine bis zum nächsten Sommer mit den Gästen gemacht. Denn die syrische Gemeinde plant, wenn möglich, nach ihren Gottesdiensten zum Treffen ins Pfarrheim St. Joseph einzuladen (Haddad: „Jeder ist hier willkommen“), mit arabischen Speisen und Kaffee. „Das geht aber nur, wenn es nicht anderwertig besetzt ist“, so Weißhaupt. „Die Pfarrei hat da Vorrang.“

Gleiches gelte, falls am Sonntagmittag die St.-Joseph-Kirche von der katholischen Gemeinde benötigt werde. Grundsätzlich falle eine Nutzungsgebühr für Kirche und Pfarrheim an, erläutert er auf Nachfrage.

Und an den Feiertagen? Dürfte es keine Termin-Probleme geben, sind sich Haddad und Weißhaupt einig. Im Gegensatz zu anderen orthodoxen Kirchen feiern syrisch-orthodoxe Christen Weihnachten zwar ebenfalls im Dezember - aber am 25. Dezember. Und beim Osterfest richten sie sich nach dem julianischen Kalender. Sprich: Während die Pfarrei St. Viktor nächstes Jahr am 31. März Ostersonntag feiert, fällt das julianische Osterdatum auf den 22. April.

 

Bericht der Dülmener Zeitung, Kristina Kerstan

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